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Meinungsbeitrag

Ungleiches Paar: Amazon Dash Button und Echo?

27.12.2016 - Wie passen ein "schlaues" und ein "dummes" Gerät in Amazons Geschäftsstrategie? Ein Meinungsbeitrag von Markus Groiss, Head of Business Development bei Namics.

von Verena Jugel

Amazon war auch dieses Jahr der Taktgeber in den Bereichen Commerce und Logistik. Beispiele dafür sind die nicht ganz neuen, aber in Deutschland erst dieses Jahr lancierten Produkte "Dash Button" und "Echo". Auf den ersten Blick passen die beiden Produkte überhaupt nicht zusammen: Einerseits Echo, das mit einem intelligenten Assistenten (Alexa) und vielfältigen Anwendungsszenarien geliefert wird. Andererseits ein "dummer" Knopf, der nur ein vorab definiertes Produkt bestellen kann. Die beiden unähnlichen Produkte zahlen trotzdem gleichzeitig auf die Unternehmensstrategie ein:

Amazon simplifiziert auf strategischer Ebene Transaktionsprozesse.
Amazon treibt die Kundensegmentierung voran.
Amazon verkauft auf operativer Ebene nicht über das Produkt, sondern über den Service.
Amazon testet experimentell Konsumentenverhalten.

Simplifizierung der Transaktionsprozesse Amazon versucht, einzelne Elemente der User Journey zu zerlegen und diese vereinfacht neu zu komponieren. Durch saubere Prozesse wurde Vertrauen beim Kunden gewonnen, so dass die ganze westliche Welt bei Amazon auf Vorkasse bestellt - zumindest in Deutschland vor Amazon undenkbar. Durch die feste Hinterlegung einer Kreditkarte ließ sich der transaktionale Störer "Überweisung pro Transaktion nach Rechnung" beheben. Das aktuellste Beispiel dieser Reduktion ist Amazon Go, durch das der Störer "Ich stehe in der Schlange an der Kasse" behoben wird: Durch den automatischen Bezahlvorgang über das Handy entfällt die Warteschlange. Eine ganze Reihe von Produkten und Services geht in diese Richtung: das Amazon Spar-Abo beispielsweise, aber auch der Dash Button und Echo. Beim Dash Button ist es einfach: Ich drücke den Knopf und erhalte als Prime-Kunde spätestens am nächsten Tag das voreingestellte Produkt. Das Interface ist stark reduziert. Echo hat ebenfalls eine Minifizierung des Interfaces vorgenommen. Denn hier benötige ich kein Smartphone mehr, muss mich nicht mehr authentifizieren und kann direkt über Sprache bestellen.

Die beiden Produkte unterscheiden sich damit im Use Case, nicht aber in der Kernidee: Beide setzen auf minimale Interfaces und versuchen dadurch, Störung in der User Journey zu verhindern.

Ausdifferenzierung der Kundensegmentierung Durch die Hybridisierung der Kunden und der Technologie, die diese Komplexität abbilden kann, sind Customer Journeys dynamischer denn je. Amazon versucht diese Journeys zu teilen und nach Kundenbedürfnis (und eben nicht nach Produkten) zu segmentieren. Ich persönlich möchte nie mehr Lebensmittel oder Getränke im Laden einkaufen. Andere Kunden schätzen das persönliche Einkaufserlebnis, andere sind unsicher und benötigen Beratung. Ich könnte ein Spar-Abo abschließen, via Prime Now Artikel binnen weniger Stunden erhalten oder den Dash Button nutzen. Kunden, die das Einkaufserlebnis lieben, werden vielleicht bald in Amazon Stores einkaufen können, ohne an der Kasse zu stehen. Kunden, die Beratung benötigen, können sich von Alexa Empfehlungen aussprechen lassen. So segmentiert Amazon für jede werthaltige Philosophie Produkte und Services vor.

Verkauf via Serviceangebot Amazon bündelt Hardware und Service so, dass für Kunden Mehrwerte entstehen.
Wenn man genau hinsieht, ist dies bei jedem Produkt anders, selbst bei augenscheinlich sehr ähnlich aufgebauten Produkten wie dem Fire TV Stick und der Fire TV Box. Im Service unterscheiden sich diese dennoch in Nuancen. Bei Dash vs. Echo ist es ebenfalls der Service, der sich unterscheidet: Echo ist darauf angelegt, wie ein Berater (Welches Produkt benötige ich?) zu agieren. Dazu muss es an einem zentralen Ort, mitten im Leben der Menschen platziert sein. Eine der meistgenutzten Funktionen bei Echo ist das Abspielen von Musik, die man primär im Wohnzimmer hört; ich gehe davon aus, dass solche Beziehungsmuster von Amazon evaluiert werden. Der Ausbau von Amazon Music, die Integration von Spotify gehen mit dem Produktlaunch von Echo einher. Eine derartige Tiefe an Serviceangebot hat derzeit nicht einmal Google.
Der Dash Button hingegen ist "dumm". Ein solches Produkt ist nur bedingt vorzeigbar und kann deswegen dezentral dort eingesetzt werden, wo der Bedarf (der klar ist und es keine Beratungsleistung dazu mehr braucht) entsteht, beispielsweise im Badezimmer. Entsprechend wenig muss das Interface aufgeladen werden; es muss nur einfach sein und funktionieren.

Amazon experimentiert Den Schlüssel zu erfolgreichem eCommerce gibt es nicht. Große Anbieter wie Zalando und Amazon nutzen daher Chancen, mit Experimenten und Prototypen Erfahrungen zu sammeln und entwickeln mit hohem Aufwand neue Produkte und Dienstleistungen. Ist eine Idee erfolgreich, wird sie intensiviert beziehungsweise adaptiert. Geht eine Idee wie das Fire Phone nicht auf, wird die Entwicklung gestoppt. Diese Vorgehensweise wird insbesondere in Deutschland häufig belächelt. Gerade wenn es heißt, dass Amazon mehrere Produkte einstampft, obwohl es ein elementarer Erfolgsfaktor des Unternehmens ist. Eine Portfoliohygiene zu erzeugen, gleichzeitig aber Erfahrungen im Sinne von Daten zu sammeln. Der Dash Button und Echo gehören dazu. Echo basiert auf einer reinen Eingabe via Voice. Offenbar gibt es Kunden, die sich auch ein haptisches Interface wünschen. Für diese Nachfraghypothese entwickelt Amazon nun ein Echo mit Screen. Beim Dash Button hat Amazon von den Produktherstellern abgefragt, wie hoch die Grenzkosten sind - wie viel also die Hersteller zu einem Verkauf pro Dash Button finanziell beitragen wollen. Amazon nimmt damit dem Endkunden den Schmerz, ein Produkt bezahlen zu müssen, mit dem nur bestellt werden kann. Gleichzeitig senkt das Unternehmen damit eine hohe Einstiegshürde zu Ungunsten der Produkthersteller.

Auch wenn dies objektiv nicht so erscheinen mag, gibt es viele Gemeinsamkeiten von Echo und dem Dash Button. Amazon experimentiert mit beiden Produkten und legt sich nicht auf eine User Journey und ein Kundensegment fest. Beide sind ein weiterer Schritt, die Transaktionsprozesse zu vereinfachen und das Amazon Serviceangebot deutlich auszuweiten.

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