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Paketkasten: Segen oder Fluch für Logistik und E-Commerce?

Deutsche Post DHL will mit dem Paketkasten seine Marktposition in Deutschland weiter ausbauen, heißt es aus dem Unternehmen (Foto: Deutsche Post DHL) (Bild: DHL)
Deutsche Post DHL will mit dem Paketkasten seine Marktposition in Deutschland weiter ausbauen, heißt es aus dem Unternehmen (Foto: Deutsche Post DHL)

16.07.2014 - Deutsche Post DHL bietet seinen Kunden neuerdings bundesweit einen Kasten für Pakete an. Dies sei "die größte Erfindung seit dem Briefkasten", so das Unternehmen. Doch das Angebot kommt nicht überall gut an. Branchenverbände kritisieren das System, das nur der Deutschen Post offen steht und damit den E-Commerce behindere. Die Wettbewerber Hermes, DPD, UPS und GLS haben sich zu einer Allianz zusammengeschlossen und planen die Entwicklung einer offenen Lösung.

Mit dem Paketkasten richtet sich Deutsche Post DHL vor allem an Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern, die autark von Nachbarn und Filialen Pakete annehmen und Retouren versenden wollen. Über einen RFID (Radio Frequency Identification)-Chip haben Zusteller und Empfänger Zugang zum Kasten. Bei der Zustellung wird die Sendung hineingelegt und der Empfänger über eine Benachrichtigungskarte informiert. Hinterlegt der Kunde eine Retoure oder eine vorfrankierte Sendung im Kasten, kann er online die Abholung beantragen. Nach eigenen Angaben hat Deutsche Post DHL inzwischen mehr als 2.000 Kästen installiert. Die Nachfrage sei außerdem groß.

Aus Sicht des Logistikdienstleisters bietet der Paketkasten den Vorteil, dass Sendungen direkt im ersten Zustellversuch ausgeliefert werden könnten, auch wenn der Empfänger nicht zu Hause sei. Das neue Angebot ist "ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg, unsere führende Marktposition in Deutschland weiter auszubauen und der klare Maßstab in Sachen Kundenorientierung zu werden", sagt Jürgen Gerdes, Konzernvorstand Post, E-Commerce, Parcel der Deutschen Post DHL.

Kritik: Wachstumshindernis im Online-Handel

Was gut klingt, kommt allerdings nicht überall gut an. Der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste (BDKEP) hat sich kritisch zum Paketkastenangebot der Deutschen Post DHL geäußert. Zwar erscheine das System zunächst kundenfreundlich, doch auf den zweiten Blick werde deutlich, dass die exklusiv betriebenen postalischen Infrastrukturen den Wettbewerb behinderten. Das Paketboxsystem der Deutschen Post stelle laut BDKEP "hohe Markteintrittsschranken für Wettbewerber" dar und unterdrücke somit innovative Serviceangebote.

"Schon heute zeigt sich, dass die fehlende Innovationskraft der Logistikbranche zum Hemmschuh für das Wachstum im Online-Handel wird. Der massive Ausbau exklusiver Infrastrukturen verstärkt diesen Trend zusätzlich", sagt der Verbandsvorsitzende Andreas Schumann. "Nur ein lebendiges Ökosystem von Start-ups, Quereinsteigern und etablierten Logistikanbietern garantiert innovative Geschäftsmodelle und neue Serviceangebote. Genau das wird durch exklusiv betriebene postalische Infrastrukturen verhindert."

Der BDKEP strebt nach eigener Aussage den Aufbau postalischer Infrastrukturen an, "bei denen der gleichberechtigte Zugang für alle Postdienste sichergestellt ist", denn dies wäre auch im Sinne der EU-Postliberalisierung. Der Verband startete zudem die Initiative "Open Postal Alliance", über dessen Plattform Anbieter ihre Angebote und Aktivitäten bündeln und Interessen gemeinsam vertreten sollen.

Auch der Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste (Biek) warnt vor einer Marktabschottung. "Die Einführung der Paketbox darf nicht dazu führen, dass andere Anbieter von der Zustellung ausgeschlossen werden", sagt eine Sprecherin des Verbands gegenüber ONEtoONE und ergänzt: "Wir gehen davon aus, dass Deutsche Post DHL feststellen wird, dass sich ein geschlossenes System am Markt nicht durchsetzen lässt. Auftraggeber wie Endkunden erwarten Anbieter-offene Zustellsysteme. Keiner will auf die Dienstleistungen eines einzigen Anbieters angewiesen sein. Aus Sicht der Kunden ist die Vielfalt der Anbieter und ihrer Leistungen von größter Bedeutung." Grundsätzlich stelle ein anbieteroffenes System eine sinnvolle komplementäre Ergänzung zu den derzeit bestehenden Zustellmöglichkeiten wie der Direktzustellung und den Paketshops dar, heißt es vom Biek.

ONEtoONE hat bei Deutsche Post DHL einmal nachgefragt, wie sie sich zur Kritik der Branchenverbände äußern: Aus Sicht des Logistikunternehmens finde kein Missbrauch einer Marktbeherrschung durch den DHL-Paketkasten statt, denn am Markt gebe es bereits ähnliche Lösungen, gibt eine Sprecherin des Unternehmens zu bedenken. Außerdem stehe die Sicherheit im Fokus des Dienstes. "Der DHL-Paketkasten ist eine integrierte und ganzheitliche Lösung mit hohem Sicherheitsstandard und modernstem Stand der Technik - und in dieser Ausgestaltung neu. Diese von den Kunden auch zu Recht geforderte Sicherheit können wir nur gewährleisten, wenn der Zugang nicht unkontrolliert durch Dritte erfolgen kann." Eine Öffnung des DHL-Paketsystems für andere Anbieter ist demnach offenbar nicht geplant.

Wettbewerber gehen in die Offensive

Die Wettbewerber Hermes, DPD, UPS und GLS haben sich indes zu einer eigenständigen Allianz zusammengeschlossen und wollen gemeinsam ein Paketkastensystem entwickeln, das von der gesamten Branche genutzt werden kann, wie die Unternehmen auf Nachfrage von ONEtoONE bestätigten. Hierzu haben die Logistiker eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Ziel sei die Entwicklung eines marktreifen Angebotes. In den nächsten Wochen soll das gemeinsame Projekt näher definiert werden und bis Ende des Jahres ein Konzept vorgelegt werden. Die Idee der Paketkästen sei bislang noch nicht sinnvoll umgesetzt, da dem Empfänger keine "offene" Lösung angeboten werde, die eine alternative Zustellung, unabhängig vom gewählten Dienstleister, ermögliche, sagt ein Unternehmenssprecher von DPD.

Laut Hermes sei die Entwicklung einer offenen Branchenlösung "ein notwendiger, entsprechend logischer und vor allen Dingen kundenfreundlicher Schritt". Schließlich sorge allein das wachsende E-Commerce-Geschäft dafür, dass private Kunden von verschiedenen Paketdiensten beliefert würden. Daher seien Einzelmaßnahmen keine befriedigende Lösung. (smü)

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