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Digital first Analyse einer Brandnacht

11.07.2017 - Die Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel haben die Menschen schockiert. Wie so oft, die Scherben sind kaum aufgeräumt, da beginnt die Suche nach den Schuldigen. Es werden Konsequenzen gefordert. Im Folgenden wirft Felix Holzapfel, CEO der Digitalagentur Zone, einen selbstkritischen Blick auf die Branche bzw. die digitalen Medien und zeigt auf, welchen Einfluss diese auf die Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel hatten.

von Verena Jugel

[f1][f]Digital ist der optimale Nährboden - Vorbereitung via Messenger, Darknet & Co.[/f]Auch wenn dazu noch keine Erkenntnisse öffentlich zugänglich sind, wäre es mehr als verwunderlich, wenn sich die Randalierer europaweit nicht vorab via digitaler Hilfsmittel organisiert hätten. In Zeiten wie dem arabischen Frühling, dem Aufstand in der Ukraine oder den Demonstrationen in der Türkei loben wir die vielen Möglichkeiten im Netz. Bieten sie doch einen Nährboden für freiheitliche und demokratische Bestrebungen. Sie verschaffen den Kämpfern für diese Werte einen anonymen Raum, in dem sie sich organisieren können, ohne dabei zumindest direkt von den staatlichen Kontrollorganen verfolgt oder entdeckt werden zu können. Genau diese Vorteile schlagen nun bei Vorfällen rund um den G20-Gipfel in den vergangenen Tagen in Hamburg ins Gegenteil um. Es wird offenbar: Die digitalen Medien sind Fluch und Segen zu gleich. Der Ausweg aus der moralischen Zwickmühle scheint noch in weiter Ferne. Vielleicht sogar gänzlich unmöglich.

Die Grenzen zwischen Gut und Böse, Vernetzung und Abschottung, freier Zugang zu Informationen und deren Kontrolle sind fließend. Wer legt nun die passende Messlatte an? Wer entscheidet über erlaubt und verboten. Natürlich lassen sich Handlungen im Netz mit rechtlichen Gegebenheiten abgleichen. Dieser Rahmen ist in der Regel jedoch national geprägt. Selbst innerhalb der EU gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Digital kennt jedoch keine nationalen Grenzen.

Im Alltag genießen wir die freien Möglichkeiten der digitalen Medien. Sollen, können oder müssen wir genau diese Freiheit nun einschränken? Oder wenn nicht, sollen, können, müssen wir dann mit den Folgen wie denen beim G20-Gipfel leben? In der Regel liegt die beste Lösung in der goldenen Mitte. Doch wo genau setzen wir an? Wie kann man bei solchen sozialen Fragen einen größtmöglichen Konsens erzielen? Und das national als auch international? All diesen Fragen sollten wir uns schnellst möglich stellen.

[f]Digitale Berichterstattung - Wir alle schauen nicht nur zu, sondern machen aktiv mit[/f]Die Tatsache, dass die Grenzen zwischen privater und professioneller Berichterstattung in Zeiten von Blogs, Facebook, Twitter, YouTube & Co. verschmelzen, ist alles andere als neu. In den vergangenen Tagen wurden zahlreiche Videos verbreitet, welche die Ausschreitungen in Hamburg vom eigenen Balkon, aus dem Bus oder auf der Straße gezeigt haben. Teilweise wurden diese von Journalisten produziert, teilweise von Privatpersonen. Die Veröffentlichung erfolgte sowohl in den digitalen Ablegern der Nachrichtenmagazine als auch über die Social-Media-Kanäle der Leser. Diese Artikel führten vielfach die Hitlisten der meist gelesenen und meist geteilten Inhalte an. Das wiederum fachte erneut deren Verbreitung an. Ergo: Es fand eine breitgefächerte Berichterstattung, eine schnelle Verbreitung und auch eine vielseitige Diskussion statt.

Einerseits ist das gut und wichtig! Das alles ist ein positives Zeichen für freie Meinungsäußerung und eine gesunde Demokratie. Andererseits bedienen wir damit genau die narzisstische selbstdarstellerische Ader der Krawallmacher. Denn diese werden es sicherlich als Erfolg verbuchen, dass sie mit ihren Aktionen Millionen von Klicks, Views und Kommentare erzielt haben.

Ein zentrales Erfolgskriterium von Werbung ist deren Sichtbarkeit und Reichweite. Innerhalb neuer Medien ist diese zu Beginn oftmals überdurchschnittlich gut. Der Grund: Es dauert einfach eine gewisse Zeit, bis sich Unternehmen auf die neuen Gegebenheiten und die Mediennutzung der Konsumenten eingestellt haben. Am Anfang reichen also bereits kleine Budgets und simple Botschaften. Umso mehr Unternehmen jedoch aktiv werden, umso mehr Budget und umso spektakulärere Motive und Botschaften benötigt man, um die erforderliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das heißt, wir alle stärken mit unserem oben geschilderten Verhalten den Prozess und liefern die Haupt-Antriebsfeder vieler Randalierer: Wir erhöhen deren Sichtbarkeit. Natürlich war dies bis zu einem gewissen Grad auch schon in einer analogen Welt der Fall. Doch in unserer heutigen digitalen Sphäre hat dies noch einmal eine vollkommen neue Dimension erhalten.

Wie bei dem Punkt "digitaler Nährboden" befinden wir uns auch bei der "digitalen Berichterstattung" in einem klassischen Dilemma. Das Eine - sprich unsere freie Berichterstattung und Meinungsäußerung - scheint unvereinbar mit dem Anderen - der Motivation noch krasseren Krawall zu machen, um noch mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu erregen.

[f]Wir alle tragen einen Teil der Verantwortung ­- Also sollten wir auch gemeinsam nach Lösungen suchen[/f]Wie bereits geschildert, drehen sich aktuell im Bereich digitaler Medien und deren Nutzung viele Fragen um die Ausschreitungen des vergangenen Wochenendes. Man mag diese mit simplen, oftmals populistischen, Aussagen beantworten. Das würde diesen jedoch nicht gerecht werden. Denn man merkt schnell, dass man an grundsätzliche Fragen stößt, die unser aller Zusammenleben im Kern betreffen. Teilweise haben sie gar philosophischen Charakter. Wir können nur versuchen diese Antworten gemeinsam zu finden bzw. ihnen nahe zu kommen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit verschiedenster Personengruppen erforderlich. Und das nicht im Rahmen gegenseitiger Schuldzuweisungen, sondern kollaborativ, auf Augenhöhe. Wir müssen das große Ziel verfolgen, unsere über lange Zeit erkämpften und erarbeiteten Grundwerte und Regeln in Einklang mit einem digitalen Umfeld zu bringen. Ein Spagat! Gerade jetzt sind wir Digital-Spezialisten gefragt. Denn unsere langjährige Expertise kann zumindest helfen, einige dieser Punkte aus einem anderen Winkel zu betrachten. Damit könnten wir sowohl Politik als auch Bürgern helfen, ihre Medienkompetenz zu steigern und sich einem gemeinsamen Konsens zu nähern. Natürlich verfolgen dieses Ziel bereits zahlreiche Initiativen, Verbände und engagierte Menschen. Doch Ereignisse wie die am vergangenen Wochenende zeigen, dass wir dabei gerade erst am Anfang stehen und noch mehr Engagement, von noch mehr Menschen erforderlich ist. Damit werden wir vergleichbare Ausschreitungen in Zukunft zwar sicher nicht verhindern, aber zumindest deren Attraktivität für die Krawallmacher reduzieren und den erforderlichen Raum für berechtigte friedliche Demonstrationen vergrößern können. Insofern sollten wir alle möglichst schnell unseren berechtigten Ärger und die Enttäuschungen überwinden und gemeinsam anpacken. Denn es gibt offensichtlich nicht nur in den betroffenen Hamburger Stadtteilen noch viel zu tun!
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