14.03.2018 - Bis zu 85 Prozent der Suchergebnisse bei Amazon sind nicht vom eigentlichen Marken-Unternehmen, hat jetzt eine Untersuchung von Technologieanbieter Tools4ads festgestellt.
von Joachim Graf
Sucht der Kunde bei Amazon nach einer Marke, bekommt er zu einem Großteil Artikel angezeigt, die nichts mit der gesuchten Marke zu tun haben. Der Grund: Sogenannte Brandhijacker. Diese buchen bei Amazon ausgewählte Marken-Keywords, um in den Suchergebnissen der Marken platziert zu werden, und so von der Anziehungskraft der Marke zu profitieren und potenzielle Käufer abzugreifen.
Eine Stichproben-Analyse vom Technologieanbieter Tools4ads hat ergeben, dass beispielsweise 85 Prozent der Suchergebnisse auf das Marken-Keyword Nespresso auf das Konto von Trittbrettfahrern gehen. "Es ist nicht verboten, fremde Markennamen als Keywords zu buchen, um in den entsprechenden Suchergebnissen bei Amazon aufzutauchen. Damit Marken-Unternehmen diesen Brandhijackern nicht hilflos ausgeliefert sind, müssen sie wissen was vor sich geht. Nur dann können sie eine Strategie entwickeln, um dem entsprechend zu begegnen. Immerhin geht es hier um bares Geld", sagt CEO Wolfhart Fröhlich.
Ein Beispiel: Ein Konkurrent bucht das Keyword Nespresso und platziert damit seine Produkte in den Suchergebnissen von Nespresso. Das ist für ihn ein lukratives Geschäft mit wenig Aufwand. Daher wird das Brandbidding bei Amazon auch von vielen anderen Unternehmen intensiv genutzt. Für ihre Marke ist es wichtig zu wissen, wer auf ihr Keyword bucht und warum. Hierbei gibt es mehrere Typen von Anbietern:
1. Der Hardcore-Brandhijacker ist ein direkter Konkurrent, der ein ähnliches Produkt verkauft. Beispiel: Der Konkurrent will seinen Kaffeeautomaten direkt neben den Produkten von Nespresso platzieren und bucht das Keyword Nespresso und kann so dessen Kunden abwerben.
2. Der Trittbrettfahrer ist ein Anbieter, der Verbrauchsmaterialien zur gesuchten Marke anbietet. Beispiel: Eine No-Name-Marke verkauft Kapseln, die in eine Nespresso-Maschine passen. Die Marke bucht das Keyword Nespresso und kann so ihre No-Name-Produkte an die entsprechenden Interessenten bringen.
3. Der Zulieferer. Er ist ein Anbieter von Zubehör. Beispiel: Eine No-Name-Marke hat einen Kapselständer im Sortiment, der zur Lagerung von Nespresso-ähnlichen Kapsel dient. Die Marke bucht das Keyword Nespresso und kann so ihr No-Name-Zubehör neben dem Original-Zubehör von Nespresso platzieren.
4. Der Selbstbucher. Beispiel: Nespresso bucht selbst das Keyword Nespresso. Dafür kann es zwar praktische Gründe geben, oft geschieht das aber auch ohne konkreten Grund. Nespresso wäre natürlich auch ohne Selbstbuchung bei entsprechender Suchanfrage das erste Ergebnis.
5. Der Grauimporteur. Beispiel: Ein Händler hat das Recht, Nespresso in Frankreich zu verkaufen, nicht aber in Deutschland. Er bucht das Keyword Nespresso und bekommt Kunden aus Deutschland, die er eigentlich nicht beliefern dürfte.
Setzen Sie zuallererst ein 24/7-Monitoring für Ihre Marke auf. Gibt es bereits Brandhijacker, die auf Ihren Markennamen buchen, bieten Sie selber auf Ihre Marke, um den Keyword-Preis hochzutreiben und es so für den Wettbewerber unattraktiv zu machen. Diese Strategie gilt es jedoch nur vorübergehend anzuwenden, da das Vorgehen dauerhaft zu viel Geld kostet. Generell gilt: Behalten Sie Ihre Marke im Blick und prüfen Sie in regelmäßigen Abständen, was sich hinsichtlich des Brandbiddings auf Ihr Keyword verändert.
BGH-Urteil: Kürzlich klagten einige Marken auf Markenrechtsverletzung bei Amazon. Als Grund nannten die Kläger das Brandbidding anderer Marken auf der Verkaufsplattform. Ende Februar dieses Jahres fällte der Bundesgerichtshof dazu das Urteil: Der BGH macht die Verletzung des Markenrechts davon abhängig, ob Kunden die Konkurrenzprodukte von den Markenprodukten unterscheiden können - andernfalls wäre es Verbrauchertäuschung. Wenn auch nicht eindeutig, so fällt die Entscheidung doch zugunsten des Brandbidding aus.
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