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Dialog des Monats: Von Höffner, nur für Männer

08.02.2022 - Wenn eine Frau als Kundin eines Einrichtungshauses beworben wird, kann man sie als solche ansprechen. Oder in die patriarchalische Mottenkiste der 50er Jahre greifen.

von Joachim Graf

Wo Wohnen wenig kostet, da wird offenbar auch wenig Geld ausgegeben, um sich qualitativ hochwertiges Dialogmarketing einzukaufen. Diesen Eindruck erweckt zumindest das Höffner-Mailing: Männer, soweit das Auge reicht - und die dann auch im Stil der Nierentisch-Ära.


Der erste Eindruck: Der Briefumschlag mit einer den 80er Jahren entlehnten gedruckten Pseudo- Briefmarke und einem Männchen-Logo im Stil der 50er lässt nicht den Wunsch zum Öffnen keimen. Immerhin liegt ein tastbarer Gegenstand darin, also Öffnungsgarantie. Insoweit gut gemacht.

Die Personalisierung: Neben Adressfeld und Anrede taucht der Name auf dem anhängenden Gutschein auf - allerdings nur der Nachname. Wer verrät dem Herrn Dankert, dass ein vollständiger Name persönlicher wirkt?

Die Gestaltung: Das Retro-Cartoonmännlein mit seinem umgehängten Meterstab, Bowlerhut und wahlweise Schraubenzieher oder Werkzeugkasten in der Hand wirkt wie das HB-Männchen, das sich im Baumarkt verirrt hat. Auch auf der Rückseite: Ein Mann in der Küche, und zwei Männer als "kompetente Experten".


Wer ist die Expertin, die dem absendenden Herrn Dankert erklärt, dass man selbst ohne programmatischen Druck unterschiedliche Gestaltungen für Männer und Frauen drucken kann, ohne dass es mehr kostet? Online schafft man es bei Höffner   doch auch, Frauen abzubilden.

Hauptargumentation: Den aufgeklebten Minischraubenschlüssel soll man im lokalen Möbelhaus in "Höffis Werkzeugkiste" werfen und damit irgendwie Einkaufsgutscheine gewinnen können. Transparenter als dieses Gewinnspiel ist die Warnung: "Nach dem Einsatz des Glückswerkzeugs (sic!) verbleibt dieses bei Höffner." Das ist offenbar sehr wichtig - aber wahrscheinlich gab es in dem Nachkriegsdeutschland, aus dem dieses Mailing optisch stammt, einen enormen Metallmangel.


Der angehängte 50-Euro-Gutschein gilt branchentypisch für viele, viele Produkte nicht und erst ab einem Einkaufswert von 100 Euro. Aber das kann ja durchaus eine satte Ersparnis sein. Warum der Gutschein zwar eben nicht für die Küchen gilt, für die das Mailing getextet worden ist - nun, da müsste man wahrscheinlich Herrn Dankert fragen.

So hat das Mailing bei mir funktioniert: Selbst wenn das Anschreiben verspricht "Jedes Werkzeug gewinnt" - Begeisterung löst es nicht aus. So ist der (am wahrscheinlichsten zu gewinnende) Fünf- Euro-Gutschein nichts, wofür man sich in Corona- Zeiten in ein Einrichtungshaus begibt. Darüber hinaus verpufft der spielerische Effekt, den der Minischraubenschlüssel auslösen will. Alleine dadurch, dass nicht erklärt wird: Wann und warum gewinne ich was?

Der Griff in die optische Mottenkiste macht die Aktion nicht besser, ganz im Gegenteil. Schon als Mann kann man sich mit Herrn Höffi und seiner altertümlichen Kleidung nicht identifizieren. Als Adressatin schon zweimal nicht.


Was ich allerdings viel schlimmer finde: Die Inszenierung von Höffner als Küchen-Spezialist ist bestenfalls an das Retro-Gewinnspiel angeklatscht - so, als hätte man zwei Mailings irgendwie kombiniert, weil der Artdirector gesagt hat: "Da ist aber noch eine Rückseite frei, Jungs!" Was der Onlineauftritt mit seiner Bebilderung und seiner Inszenierung schafft - Begeisterung wecken für unterschiedliche Küchen- und Einrichtungsstile von Moderne bis Landhaus-Küche - das Mailing zeigt es alles nicht. Aber im gesamten Mailing findet sich schließlich auch nicht ein einziger Onlinelink. Kein Wunder: In den 50er Jahren war das Internet auch noch nicht erfunden.

In unserer Rubrik "Dialog des Monats" stellen Marketingexperten jeden Monat eine Dialogmaßnahme vor, die ihnen aufgefallen ist. Die Rezension in diesem Monat stammt von ONEtoONE-Herausgeber Joachim Graf - der ab und zu die Mailings aufmachen darf, die an seine Frau gerichtet sind. Rezensionsvorschläge nehmen wir gerne entgegen.


Mehr zu diesem Thema und weiteren Themenschwerpunkten können Sie hier   als E-Paper, Ausgabe 1-2/2022 lesen.

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  • Bild: Michael Poganiatz
    Joachim Graf (ibusiness.de)

    Die Zukunft der KI. Die Zukunft der Daten. (Der Weg zum empathischen Zero-Party-Data-Marketing)

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